Wie erfolgt die Auszahlung bei einer Baufinanzierung?

Eine Baufinanzierung ist für den Kauf oder den Bau einer Immobilie meist unverzichtbar. Da hierfür teils erheblich hohe Summen benötigt werden, wollen die Banken und Kreditinstitute kein Risiko eingehen.

Neben einer genauen Bonitätsprüfung der Antragsteller haben Geldinstitute noch weitere Hebel an der Hand, um ihr Ausfallrisiko so gering wie möglich zu halten. Unter anderen nutzen sie verschiedene Auszahlungsmodalitäten, um für eine größtmögliche Sicherheit zu sorgen. Welche Auszahlungsvarianten es gibt und was Kreditnehmer hierbei berücksichtigen müssen, erklärt dieser Artikel.

Sicherheit für die Bank

Die Finanzierung für das eigene Bauprojekt sollte unbedingt auf sicheren Füßen stehen. Deswegen ist eine Kooperation mit einem Kreditinstitut dringend angeraten. Diesen ist es wichtig, ein möglichst geringes Risiko einzugehen, wenn sie Geld verleihen. Banken nutzen deshalb beispielsweise verschiedene Zahlungsvarianten, um Kreditnehmern eine Baufinanzierung zukommen zu lassen.

Diese sind häufig mit einer hohen Bürokratie verbunden. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn bei einem Hausbau für jeden Bauabschnitt einzelne Teilauszahlungen erfolgen sollen. Banken nehmen diesen Mehraufwand in der Regel in Kauf, um hierdurch ihr Ausfallrisiko so gering wie möglich zu halten.

Baufinanzierungen sind nämlich zweckgebundene Darlehen. Das bedeutet, dass sie ausschließlich für den Bau, den Kauf, die Renovierung oder die Modernisierung von Immobilien genutzt werden dürfen. Wegen dieser Einschränkung müssen für Baufinanzierungen häufig nur geringe Zinsen bezahlt werden. Wenn eine Bank oder ein Kreditinstitut nun eine Summe von 300.000 € auf einen Schlag überweisen würde, könnten die Kreditnehmer damit auch Dinge bezahlen, die nichts mit der Immobilie zu tun haben. Um einen solchen Missbrauch auszuschließen, wählen Banken in der Regel andere Auszahlungsformen.

Auszahlung bei einem Wohnungskauf oder Hauskauf

Die Auszahlungsmodalitäten sind bei einem Haus- oder Wohnungskauf denkbar einfach. In diesem Fall setzen sich die Darlehensnehmer mit dem Verkäufer beziehungsweise Bauträger auseinander und schließen einen Kaufvertrag ab. Sobald dieser vorliegt und die Baufinanzierung bewilligt wurde, kann die Auszahlung des Kredits erfolgen. Die Bank überweist das Geld dann nicht an den Kreditnehmer, sondern direkt an den Verkäufer oder Bauträger.

Hiermit ist die Bedingung erfüllt, dass das Geld ausschließlich für Immobilienzwecke verwendet wird. Gleichzeitig erfolgt die Überweisung ausgesprochen schnell, sodass die Käufer ihr Haus umgehend nutzen können. Damit dies funktioniert, müssen sie der Bank oder dem Kreditinstitut eine Kopie des Kaufvertrags zukommen lassen. In diesem sind unter anderem die Kontakt- und Bankdaten des Verkäufers oder Bauträgers zu finden.

Auszahlung bei einem Hausbau

Wenn ein Haus nicht gekauft, sondern neu gebaut werden soll, ist die Auszahlung des Darlehens etwas komplizierter. Hier wird nicht der gesamte Betrag auf einen Schlag überwiesen, sondern es erfolgen Teilzahlungen. Sobald einzelne Bauabschnitte erledigt wurden, wird das Geld für diese ausgezahlt. Um nachweisen zu können, dass der jeweilige Bauabschnitt erledigt wurde, reichen die Kreditnehmer die entsprechenden Rechnungen an die Bank weiter.

Bei einem Hausbau sind Teilzahlungen zu bestimmten Meilensteinen üblich. Foto pixabay.de © Gerd Altmann CCO Public Domain
Bei einem Hausbau sind Teilzahlungen zu bestimmten Meilensteinen üblich. Foto pixabay.de © Gerd Altmann CCO Public Domain

Bei diesem Vorgehen behält die Bank die volle Kontrolle über die Auszahlungen und verfolgt einzelne Bauabschnitte gezielt mit. Die diversen Leistungen werden als sogenannte Meilensteine bezeichnet und individuell bezahlt. Hier erfolgt die Auszahlung in der Regel nicht an die einzelnen Gewerke, sondern an den Kreditnehmer. Dieser nutzt das Geld dann, um die einzelnen Rechnungen zu begleichen.

Diese Teilauszahlungen sind bei einem Baukredit üblich

In der Praxis haben sich bestimmte Auszahlungsmodalitäten bewährt und werden üblicherweise eingehalten. So werden beispielsweise 30% der vereinbarten Vertragssumme ausgezahlt, sobald ein Grundstück übertragen wird. Handelt es sich um Erbbaurecht, werden hingegen lediglich 20% ausgezahlt. Für die restliche Darlehenssumme werden konkrete Meilensteine festgelegt, zu denen das Geld an den Kreditnehmer überwiesen wird.

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Der größte Posten erfolgt nach der Fertigstellung des Rohbaus. Hier erhalten die Kreditnehmer 40 % der noch ausstehenden Darlehenssumme. Für den Fenstereinbau einschließlich Verglasung fallen 10% an und 12 % nach Bezugsfertigkeit. Weitere große Posten sind mit 8% die Herstellung von Dachflächen und Dachrinnen, mit 6% der Innenputz und 5 % fallen nach der kompletten Fertigstellung an. Weitere Meilensteine, zu denen Teilsummen ausgezahlt werden sind die Installationen von Heizungsanlage, Elektroanlagen und Sanitäranlagen, Fliesenarbeiten, das Verlegen des Estrichs sowie Fassadenarbeiten.

Grundlagen bei Teilauszahlungen – Die Makler- und Bauträgerverordnung

Die Höhe der verschiedenen Leistungen bei einzelnen Teilabschnitten kann nur in gewissen Grenzen individuell ausgehandelt werden. Grundsätzlich ist es so dass die „Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehensvermittler, Bauträger und Baubetreuer“ (Makler- und Bauträgerverordnung = MaBV) klar vorgibt, welche Summen zu welchem Zeitpunkt ausgezahlt werden müssen.

Allerdings kann es passieren, dass bestimmte Aufgaben nicht als Meilensteine deklariert werden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Kreditnehmer Eigenleistungen erbringen und für bestimmte Aufgaben keine Gewerke engagieren. In diesem Fall wird der Betrag, der bei dem entsprechenden Meilenstein ausgezahlt werden würde, auf die anderen Meilensteine aufgeteilt.

Vorsicht vor Bereitstellungszinsen

Solange zuteilungsfähige Leistungen bei der Darlehenssumme noch nicht abgerufen werden, verbleiben diese bei der Bank oder dem Kreditinstitut. Diese stellen sie bereit und zahlen sie aus, sobald die entsprechenden Leistungen erbracht wurden. Das verfügbare Geld können die Darlehensgeber somit nicht anderweitig einsetzen, sie verdienen aber auch noch nichts durch die Rückzahlung mit Tilgung und Zinsen. Um diesen Nachteil ausgleichen zu können, dürfen sie sogenannte Bereitstellungszinsen erheben, die in der Praxis bei etwa 3 % der noch ausstehenden Darlehenssumme liegen.

Um diese zusätzlichen Kosten zu vermeiden, vereinbaren viele Darlehensnehmer individuelle Regelungen mit den Kreditgebern. So gibt es meist eine zinsfreie Zeit von etwa sechs Monaten. Es lohnt sich, innerhalb dieser Zeitspanne möglichst viele Bauabschnitte zu erledigen und sich Teilsummen auszahlen zu lassen. So reduziert sich die noch ausstehende Darlehenssumme, auf die eventuelle Bereitstellungszinsen anfallen würden.

Andere Kreditnehmer vereinbaren, dass sie nicht zuerst auf die eigenständig angesparten Gelder zugreifen müssen, sondern direkt die Darlehenssumme nutzen können. Da die Bereitstellungszinsen ausschließlich auf den noch ausstehenden Darlehensbetrag erhoben werden, lassen sich auch mit diesem Vorgehen Kosten sparen.

Der Kreditgeber wird üblicherweise ins Grundbuch eingetragen

Wie bei anderen Kreditarten auch, wollen die Banken und Kreditinstitute Sicherheiten haben, um ihr Ausfallrisiko zu minimieren. In diesem Zusammenhang ist es jedoch nicht üblich, eigene Sicherheiten bereitzustellen. Stattdessen dient die erworbene oder gebaute Immobilie als Sicherheit. Wenn die Kreditnehmer nicht in der Lage sind, ihre monatlichen Raten zu bezahlen, können die Banken und Kreditinstitute auf die Immobilie zugreifen und diese dafür nutzen, um das Geld zu generieren, das ihnen noch zusteht.

Um dieses Recht zu haben, werden die Darlehensgeber bei Vertragsabschluss ins Grundbuch eingetragen. Die Grundschuld besteht so lange weiterhin, bis die letzte Kreditrate vollständig bezahlt wurde. Danach geht der Besitz auf den Kreditnehmer über und dieser wird statt der Bank in das Grundbuch eingetragen.

Welches Konto für die Auszahlung nutzen?

Die Auszahlung der Darlehenssumme kann auf unterschiedliche Konten erfolgen. Bei einem Hauskauf wird in der Regel das Konto des Verkäufers oder Bauträgers angegeben und die komplette Summe dorthin übertragen. Bei Teilauszahlungen wäre es hingegen sehr aufwendig, das Konto jedes einzelnen Gewerks an die Bank zu melden und einzelne Überweisungen vorzunehmen. In diesem Fall werden die Teilauszahlungen daher an das Konto des Darlehensnehmers überwiesen, der das Geld dann an die zuständigen Firmen weiterleitet.

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Als Alternative kommen im Immobilienbereich sogenannte Notaranderkonten zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um Treuhandkonten, die auch als Anderkonten bezeichnet werden. Die Bank überweist die Darlehenssumme dann an dieses Notaranderkonto, das von einem Notar verwaltet wird. Dieser kümmert sich um die Abwicklung sämtlicher Geschäfte. Für die Bank bedeutet das eine deutlich höhere Sicherheit. Allerdings fallen für die Arbeit des Notars zusätzliche Kosten an.

Auszahlungen ohne Rechnung sind unüblich

Einige Darlehensnehmer haben den Wunsch, Auszahlungen zu bekommen, ohne dass eine Rechnung an die Bank übermittelt wurde. Dies ist in der Regel allerdings nicht üblich. Die Bank hat ein Interesse daran, genau zu wissen, welche Teilaufgaben beim Hausbau bereits erledigt wurden. Nur so kann sie die Kontrolle behalten und einschätzen, ob die Gelder tatsächlich nur für berechtigte Zwecke eingesetzt werden.

In einigen Ausnahmefällen stimmen Kreditinstitute einer Auszahlung ohne Rechnung jedoch zu. Diesen Service gewähren sie aber ausschließlich zuverlässigen und treuen Stammkunden, die eine erstklassige Bonität mitbringen und deren Zuverlässigkeit die Bank hervorragend einschätzen kann. Das ist nur in seltenen Situationen der Fall.

Die Digitalisierung erleichtert viele Prozesse bei einer Baufinanzierung

Dank der Digitalisierung sind die Beantragung, der Vertragsabschluss und die Auszahlung einer Baufinanzierung denkbar einfach. So können Darlehensnehmer beispielsweise sämtliche erforderlichen Dokumente einfach hochladen und der Bank oder dem Kreditinstitut zur Verfügung stellen. Diese können die einzelnen Unterlagen zeitnah prüfen und schnell darauf reagieren. Auf diese Weise lassen sich Zeiten für den Vertragsabschluss oder die Teilauszahlungen verkürzen, wodurch ein Hausbau schnell abgeschlossen werden kann.

Aber bereits bei der Suche nach einer geeigneten Baufinanzierung ist die Digitalisierung eine Hilfe. So fällt es im Onlinebereich leicht, einzelne Anbieter und deren Leistungen einander gegenüberzustellen und zu prüfen, welche davon für einen am besten geeignet sind. Außerdem gibt es mittlerweile Onlineberatungen und digitale Informationen, sodass Interessierte bei Fragen und Problemen schnell Hilfe bekommen, ohne eine Beratung vor Ort in Anspruch nehmen zu müssen.

Fazit

Die Auszahlungsmodalitäten bei einer Baufinanzierung sind teilweise recht kompliziert, das nehmen die Banken und Kreditinstitute jedoch in Kauf. Hierdurch erreichen sie nämlich eine größtmögliche Sicherheit und reduzieren ihr Ausfallrisiko. Für Kreditnehmer ist es wichtig, sich genau mit diesen Auszahlungsmodalitäten zu beschäftigen, um exakt zu wissen, wann ihnen welches Geld zur Verfügung steht. Das gibt ihnen eine große Planungssicherheit. Grundsätzlich ist es möglich, individuelle Vereinbarungen bei Vertragsabschluss zu treffen. Somit können die Konditionen und Auszahlungen auf den persönlichen Bedarf angepasst werden.

Für eine Baufinanzierung sollte unbedingt ausreichend viel Zeit zur Verfügung stehen. Es ist nicht ratsam, sich erst kurz vor Vertragsabschluss mit einem Käufer oder Bauträger damit zu beschäftigen oder wenn die ersten Gewerke bereits ihre Arbeit aufgenommen haben. So geraten die Käufer oder Bauherren unter Druck und verpassen eventuell günstige Angebote. Es sollte daher frühzeitig ein umfassender Finanzierungsplan erstellt, der eigene Schufa-Score optimiert und ein Antrag bei einem Kreditinstitut gestellt werden.

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