Rabattschlachten der Möbelhäuser: Wo kommen die großen Nachlässe von bis zu 50 % her?

Das Möbel-Onlineshopping wird immer beliebter, wie eine Statistik von statista.com vom 28.11.2022 beweist. Wurden die weltweiten Online-Handel-Umsätze 2021 auf mehr als 2,3 Billionen Euro geschätzt, entfielen davon 221,6 Milliarden auf Möbel und Haushaltswaren. Davon wiederum 5.789 Millionen in Deutschland. Und gerade während der COVID-19-Pandemie nahm das Möbel-Online-Shopping unter anderem aufgrund der geschlossenen Ladengeschäfte, der direkt ersichtlichen Verfügbarkeiten und der bequemen Lieferung Fahrt auf: Es kam 2020 zu einem Plus von 17,5 % der entsprechenden Käufe. Aber auch der Eindruck, dass vermeintlich unfassbare Rabatte und Gutscheine warten würden, lockte viele Kunden an – und genau mit dieser Technik versuchen nun selbst der niedergelassene Handel, zusätzliche Käufer anzuziehen. Nur: Ist an diesen Rabatten überhaupt etwas dran?

Schein statt Sein: Warum die Rabatte im Möbelhaus oft mehr versprechen als sie halten

Viele Menschen denken, dass im Möbel Onlineshop oder in einem Ladengeschäft faire und vor allem hohe Rabatte auf sie warten. Das hat oft einen ganz bestimmten Grund.

Die intransparente Preispolitik

So sollen beispielsweise Sonderverkaufsanlässe den Eindruck vermitteln, dass die Möbel ansonsten eigentlich teurer sind und nach dem aktuellen Angebot so schnell nicht wieder günstiger werden. Verstärkt wird dieser Eindruck zudem durch durchgestrichene „statt-Preise“, die einerseits verboten sind und andererseits in dieser Höhe eigentlich sowieso nie erhoben würden. Ein solcher Fake-Rabatt lässt sich unter anderem daran erkennen, dass das gleiche Möbelstück immer wieder zum selben rabattierten Preis angeboten wird. Und dieser Wert nach dem angeblichen Rabatt entspricht dann meistens dem tatsächlichen Preis.

Darüber hinaus sorgen die Händler oftmals mit versteckten, nicht sofort offensichtlichen Zusatzkosten dafür, dass unter dem Strich mehr für sie selbst übrig bleibt. Das erreichen sie beispielsweise dadurch, dass in einem Prospekt das „fast“ von „fast alles reduziert“ mit einem Sternchen markiert ist. Und nicht alle Kunden machen sich den Umstand, eine Lupe zu zücken oder lassen den doch-nicht-reduzierten Artikel dann wieder aus dem Einkaufswagen verschwinden. Aber es gibt noch andere Merkmale, an denen man erkennen kann, dass nicht alle angeblichen Rabatte mit einem hohen Preis-Leistungs-Verhältnis einhergehen.

Verlagerung der Produktionsstandorte ins Ausland

Möbel, die in Deutschland verkauft werden, stammen immer häufiger aus Osteuropa. 2018 waren es bereits rund 65 %, die speziell aus Polen, China und Tschechien kamen. Diese drei Länder machten 55 % aus, die restlichen Anteile teilten sich Italien, Ungarn, Rumänien und die Türkei. In der Konsequenz können die günstigen Kundenpreise also nur noch dadurch für einen Gewinn beim Händler sorgen, weil an diesen Standorten extrem günstig produziert wird. Diese Zahlen bilden einen klaren Umschwung zum Jahr 2000, als nur gut ein Drittel der in Deutschland verkauften Möbel importiert wurden.

Interessant daran: Während die Deutschen immer eher zum Import-Möbelstück greifen, werden deutsche Möbel und Einrichtungsgegenstände immer beliebter. So wurden beispielsweise zwischen Januar und Oktober 2017 32,5 % der in Deutschland hergestellten Möbel exportiert, was im Vergleich zum Jahr 2000 einer Verdopplung entspricht. Die Hauptabnehmer lagen zwar außerhalb Europas, doch immerhin stellten Polen und Tschechien die acht- beziehungsweise neuntgrößten Abnehmer deutscher Möbel dar. Alles scheint zu fließen …

Möbelfabrik
Möbelfabriken finden sich heute oft in Osteuropa | © dobrovizcki / stock.adobe.com

Die Materialfrage

Hochwertige Massivholzmöbel wie Antikmöbel werden meist von kleineren, spezialisierten und oftmals alteingesessenen Geschäften angeboten. An dem Sprichwort „klein, aber fein“ (und dementsprechend gut besucht, aber nicht von den Massen überrannt) scheint also auch beim Möbelkauf etwas dran zu sein.

Allerdings driftet die Anbieter-Schere immer weiter auseinander. Die BBE-Zahlen von 2019 zeigten, dass innerhalb von 10 Jahren immer mehr Anbieter des Vollsortiments im stationären Möbelhandel ihre Türen für immer schlossen: Waren es erst 2.265, blieben letztlich 1.792 übrig. Das Ergebnis ist, dass es immer weniger Anbieter gibt. Diese wiederum setzen auf immer größere Flächen und bieten immer mehr Möbel aus günstigeren, aber eben nicht so hochwertigen Materialien an.

Zusätzlich hat der Ukraine-Krieg dafür gesorgt, dass sich die Preise für viele Materialien (insbesondere für Massivhölzer wie Birke oder Eiche) verteuern, die Energiekosten steigen und keine Möbel mehr nach Russland exportiert werden dürfen. In der Folge wird also wieder darüber diskutiert, ob sich eine verstärkte Produktion von Möbeln in Deutschland im Hinblick auf die logistische Unabhängigkeit und die Transportkosten nicht doch wieder lohnen könnte. Da die Preise jedoch so oder so steigen, ist schnell ersichtlich, dass an den „alles wird immer günstiger“-Rabatten nicht viel Wahres sein kann.

Was können Verbraucher tun, um nicht auf angeblich einzigartige und zeitlich limitierte Rabatt-Aktionen hereinzufallen?

Bei einer durchschnittlichen Gewinnmarge von um die 3,3 % ist der Spielraum des Handels für echte Rabatte gering; Großanbieter haben in vielen Fällen kein Interesse an ihnen. So kam es beispielsweise 2016 zu einer Kartellstrafe von 4,4 Millionen Euro für fünf Möbelhersteller, die versuchten, Händler mit Liefersperren unter Druck zu setzen, wenn diese ihre Markenmöbel aus Sicht der Hersteller zu günstig verkaufen würden.

Und auch, wenn der Eindruck entsteht, dass man im Preisdschungel unmöglich den Überblick behalten kann: Es lohnt sich immer, genauer hinzuschauen und die verschiedenen Angebote der einzelnen Hersteller im Hinblick auf die Qualität der Produkte, den wirklichen Endpreis und die gebotenen Leistungen miteinander zu vergleichen und erst dann zuzugreifen.

Ebenfalls wichtig ist es, sich die AGB genau durchzulesen: So besteht beim Möbelkauf im Geschäft kein 14-tägiges Rückgaberecht. Ein Online-Kauf mit Ladenabholung dagegen entspricht formal aber einem Online-Kauf, der ein 14-tägiges Rückgaberecht inkludiert. Und auch, was die Anzahlung im Möbelhaus betrifft, rät die Verbraucherzentrale zur Vorsicht. Denn diese müsse nur dann geleistet werden, wenn man sich per vertraglicher Unterschrift dazu verpflichtet habe. Und wenn das Möbelhaus zwischen Anzahlung und Lieferung tatsächlich insolvent werden würde, so ist die Anzahlung meist, bis auf einen Bruchteil von wenigen Prozent, verloren. Es gilt also, sich nicht durch angebliche Rabatte blenden und zum schnellen Kauf drängen zu lassen, sondern besonnen und gründlich vorzugehen.

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